Pilgerten die Menschen in früheren Zeiten fast ausschließlich aus religiösen Motiven, so wird heute auch gepilgert, ohne einer bestimmten Religion anzugehören: einfach, um den Alltagsstress zu vergessen und den Kopf frei zu bekommen. Und trotzdem: Egal, ob man sich nur eine Auszeit gönnen möchte oder einen Schicksalsschlag verarbeiten will – der Pilgerweg bleibt immer auch ein spiritueller Weg.
Unterwegs sein ist wichtiger als Ankommen
Pilgern ist kein typisches christliches Merkmal: In allen Weltreligionen ist die Pilgerreise eine besondere Beziehungspflege zwischen Gott und den Menschen. Reisende sind Suchende, die sich als Moslem, Jude, Hinduist, Buddhist oder Christ auf den Weg machen, um mit ihrem Gott Verbindung aufzunehmen.
Da die Tradition des Pilgerns in jeder Religion etwas anders gelagert ist, gibt es nicht die eine Entstehungsgeschichte des Pilgerns. Zurück geht der Pilgerbrauch aber immer auf eine Erfahrung, die gläubige Menschen gemacht haben: Auf bestimmten Wegen oder an bestimmten Orten spüren sie göttliche Kräfte.
Pilgerwege gibt es viele, aber eines verbindet sie alle: Egal, ob das Grab des Heiligen Jakobus in Spanien besucht wird oder die Statue der Heiligen Maria im französischen Lourdes das Ziel ist – Pilger sind immer auch auf der Reise zu sich selbst. Und diese Wegstrecke ist oft der wahre Grund des Pilgerns und unterscheidet es von allen anderen Formen der Fortbewegung.
Einer der ersten Pilger: Abraham
Abraham, der als Vater der drei monotheistischen Religionen (Islam, Judentum und Christentum) gilt, hat es laut Bibel vorgemacht. Als einer der ersten Pilger zieht er los, weil Gott es so von ihm verlangt.
Im ersten Buch Mose heißt es: "Der Herr sprach zu Abraham: Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein." (Genesis 12, 1)
Zusammen mit seiner Frau Sarah, seiner Familie, seinem Neffen Lot und dessen Familie verlässt Abraham seine Heimat und macht sich auf den Weg. Schon in seiner Pilgergeschichte geht es in erster Linie um die Erlebnisse auf dem Weg und weniger um das Ziel, welches er, zumindest örtlich, noch nicht einmal kennt.